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Micro bzw. Ultramakro


‘Lupenobjektiv’ scheint einprägsamer:

Deutet jedenfalls gleich an, was ein Ultramakro ist: Eine Lupe mit Kamera-Anschluss – sonst nicht viel. Ziemlich gewöhnungsbedürftig in der Bedienung, öffnet es zwar die Tür zu beeindruckenden Insekten-Aufnahmen; freuen Sie sich aber bitte nicht zu früh, so einfach ist das Unterfangen gar nicht mal.

Ultramakro
Abb. 1 – Mini-Frontlinse

Technisches:
Micro-Makro-Objektive, auch Lupenobjektive genannt, sind Festbrennweiten ohne Fokusring und somit auch ohne Autofokus. Die Blendenwahl geschieht ebenfalls händisch.
Im konkreten Fall dieses Artikels kommt ein Laowa 25mm f/2.8 Macro 2,5:1 – 5:1 zum Einsatz. Funktion und Aufbau sind bei Lupenobjektiven anderer Anbieter ähnlich.

Zu der Brennweite von 25mm und Blende von f/2.8 – 16 muss gesagt werden, dass die Frontlinse eine sichtbare Diagonale von nur 13,5mm (in etwa die Fläche meines Zeigefinger-Nagels, siehe Abbildung 1) hat.
Durch diese Linse geht daher auch nur ein winziger Teil des Lichtes hindurch, was bei einem konventionellen Weitwinkel etwa gleicher Brennweite zur Verfügung stünde. Ein Gewinde für die Montage von Filtern oder eines Ringblitzes ist nicht vorhanden.

Ultramakro
Abb. 2 – Maximale Länge, nach vorne hin verjüngt

Haptik:
Durch den speziellen Aufbau sind sie nur als Lupen einsetzbar. Ein Blick damit in die Ferne ist nicht möglich, der Mindestabstand zum Motiv ist in etwa gleich dem Höchstabstand – alles außerhalb des Abstandes wird unscharf bzw. Brei. Für die Aufnahme ergibt sich ein Abstand von rund 42mm in der Einstellung 5:1.
Es gibt sie in dieser recht kurzen Variante als auch in längerer, ebenfalls recht dünnen, Bauform. Diese sind endoskopisch konzipiert.

Während normale Objektive meistens ab dem Bajonett-Anschluss im Durchmesser zulegen, um entsprechend größere Linsen unter zu bringen, ist es hier anders herum: Das Objektiv verjüngt sich im Verlauf zur Frontlinse um gute 20mm.

Der Tubus ist aus Metall und die Optik wiegt rund 450g – was einem schon recht solide vorkommen kann, im Anbetracht der Größe. Und das ist es auch: Dadurch wird eine sehr hohe Steifigkeit erreicht, was dem geringen Durchmesser nicht nur bei maximalem Zoom zugute kommt. Auf Abbildung 2 sehen Sie das Objektiv mit maximalen Zoom und der dafür aufgedruckten Skala.

Erste Gehversuche

Sie werden beim Blick durch ihr Wohnzimmer-Fenster mit so einem Gerät also nicht viel Brauchbares zu sehen bekommen – außer des Schmutzes auf der Scheibe vielleicht, den dafür aber sehr genau – sofern Sie nah genug dran sind.
Natürlich muss auch der Schmutz, oder was Sie abzulichten gedenken, fokussiert werden; dies geschieht durch den Abstand der Frontlinse zum Motiv. Ein paar Millimeter weiter nach vorne oder nach hinten – und schon sehen Sie nicht mehr viel. Die Naheinstellgrenze ist somit mehr als Arbeitsentfernung zu verstehen, da das Minimum zugleich fast das Maximum ist.

Ultramakro
Abb. 3 – Vollbild eines Textausschnittes

Die Naheinstellgrenze verändert sich wiederum mit dem Zoom-Faktor. Somit sind die ersten Gehversuche durchaus zunächst freihändig, hin- und her zoomend, auf der Suche danach, überhaupt irgendwas scharfes im Sucher zu finden. Legen Sie sich z.B. ein Prospekt vom Supermarkt auf den Tisch und rücken sie diesem mit dem Objektiv auf die Pelle: Wenn sie nur noch einzelne Worte und viele farbige Punkte auf einer faserigen Struktur sehen – denn sind Sie im Arbeitsbereich des Objektives, siehe Abbildung 3, sensor-füllend “Ultramakro”: Hier siehst Du gleichzeitig auch den schmalen Schärfebereich bei Blende f/2.8.

Abb. 4 – Kernhaus einer Paprika

Neben stehendes Bild, Abbildung 4, wurde mit Blende f/5.6 aufgenommen und besteht aus einer einzigen Aufnahme. Es zeigt die Kerne einer halbierten Paprika, wo die Unschärfe im Verlauf zum Bildaufbau stimmig ist. Dies trifft aber lange nicht auf alle Motive zu, die Sie gerne einmal vor diese Linse hätten.

Stellen Sie sich vor, Sie nehmen ein Bild von Blattläusen auf, welche gerade von einem riesenhaft wirkenden Marienkäfer angegangen werden, während dieser am Heck Besuch von einer Ameise bekommt. Und dies Format-füllend, während das Bild der Paprika lediglich ein Zuschnitt ist übrigens.

Zwar ließe sich das Gerät bis Blende 16 abdunkeln. Ich rate aber nicht zu mehr als Blende 8, da sonst vor der Linse nicht mehr viel zu erkennen ist (Selbst im 156-LED-Lichtzelt nebst Reflektoren wurde es mir danach zu dunkel).
Der scharfe Bereich bei Blende 8 ist natürlich umfangreicher als bei Offenblende. Jedoch ist dieser für die Ganzkörper-Aufnahme z.B. einer Wespe von der Flügelspitze bis zu “Füßen”, oder von den Fühlern bis zum Stachel noch lange nicht ausreichend. Dafür werden Einzelaufnahmen angefertigt, welche im Anschluss mittels Bildbearbeitungssoftware gestacked (= gestapelt) werden. Photoshop, Gimp oder Photomatix als nur eine kleine Auswahl der Software, die dies für Sie bewerkstelligen könnten. Welche Sie verwenden, ist Geschmackssache.

Doch eher Stehversuche
Abb. 5 – Teile eines Zifferblattes

Die Abbildung 5 hier zeigt einen kleinen Teil des Ziffernblattes einer Uhr – zusammengesetzt aus 12 Einzelbildern eines Ultramakro. Das Ziffernblatt wurde im Grunde genommen in zwei Bahnen unterteilt, und diese beiden Bahnen wurden “abgefahren” in jeweils sechs horizontale Aufnahmen wie die Abbildung 6 einmal zeigt: Mit 1. ist der Bereich gekennzeichnet, wo die beiden “Bahnen” sich später treffen, die Bilder also gestitcht (= vernäht) werden. 2. und 3. zeigt an, wie schmal eine einzelne Aufnahme ist, während der Rest jeweils unscharf ist.

Abb. 6 – Abfahren und Zerlegen des Motives in einzelne Schärfebereiche

Ein paar Werte fehlen noch: ISO, Weißabgleich und Verschlusszeit. Im Grunde genommen kann Ihnen die Kamera dies abnehmen, ich würde mich aber nicht darauf verlassen wollen – und stelle auch diese Werte manuell ein. Ab und zu, selbst in einer so kleinen Umgebung wie oben (24 x 8mm real) ohne Veränderung der Beleuchtung springt denn doch einmal ISO ungewollt von 200 auf 320 und schon ist eine Ebene anders belichtet und passt nicht mehr mit dem Rest zusammen.

Abfahren: Das meint, ich arrangiere mich vor dem Motiv bzw mit dem Motiv, bis ich das Objektiv so nah und exakt heran gefahren habe, dass der gewünschte Bildausschnitt scharf abgelichtet werden kann. Hierzu ist in der Regel ein Einstellschlitten notwendig. Achten Sie beim Kauf darauf, dass dieser ebenfalls möglichst steif und stabil ist.

Es gibt wie überall Hersteller, die Ihnen hier recht günstige und ziemlich hochpreisige Ware dort anbieten. Schauen Sie am besten in die Bewertungen des angepeilten Objektives, da wird es mit Chance Kommentare geben, welche Schlitten zum Einsatz kamen und wie die Erfahrungen des Zusammenspieles damit sind.
Ein wenig die großen Technik- und Verkaufsplattformen nach Bewertungen absuchen kann hier helfen. Ob gut oder schlecht, ein Tipp zum Kauf oder ein klares Abraten sind schnell gefunden. Vergleichen Sie. Fragen Sie auch ihren Händler – probieren sie aus.

Abb. 7 – Einstellschlitten mit 2 Achsen und vorbereitet zur Aufnahme eines Arca-Swiss Systems

Den Vorteil einer steifen Optik kann man mit einem schlechten Schlitten im Handumdrehen wieder kassieren: Die Kamera wird mit so einem Objektiv eine Ecke mehr als ein Kilo wiegen, ein instabiler Schlitten kann die Aufnahmen denn aber wieder unbrauchbar machen.
Die Schlitten gibt es mit einer einzigen oder mehreren Achsen und haben unten mindestens eine Aufnahme für die Schraube eines Statives (Somit also auch einer Schnellwechselplatte) und oben ebenfalls eine Platte oder Schraube für die Kamera.

Ich habe mir einen Schlitten mit zwei Achsen (siehe Abbildung 7) zugelegt und unten eine Schnellwechsel-Platte angebaut. Die Halterung oben war bereits mit einer Arca-Swiss-kompatiblen Aufnahme ausgerüstet. So lässt sich dieser Schlitten zwischen die Kamera und den eigentlichen Stativkopf klemmen und nutzt zusätzlich die Einstell-Möglichkeiten dessen.

Technische Hilfe-Werkzeuge

Bedenken Sie bei diesen Objektiven stets, dass es auf wenige Millimeter ankommt beim Belichten. Das Betätigen des Auslösers mit der Hand kann ausreichen, um ein Bild zu verwackeln. Selbst das Umklappen des Spiegels kann ihnen die Schärfe verderben. Dazu kommt, dass kurze Verschlusszeiten selbst bei Tageslicht nicht selbstverständlich sind.
Empfehlen kann man daher grundsätzlich eine Fernbedienung (Je nach Gerät auch mittels Smartphone-App), MUP Einstellung (Mirror up – also Spiegel vorher hochklappen und mit Zeitversatz belichten, so dass nur noch die Vorhänge bewegt werden müssen), oder der Selbstauslöser, wo Sie also just den Body nicht mehr anfassen müssen zur Belichtung.

Es ist sehr sinnvoll, sich zuerst Indoor mit diesen Geräten vertraut zu machen. Die Handhabung ist schwierig und wer glaubt, er könne direkt nach Anstecken an die Kamera los ziehen in das nächste Biotop und aus kleinen Insekten große Monster werden lassen: Viel Erfolg.
Zum einen scheitern Sie an der Naheinstellgrenze – die meisten Insekten sind entweder längst getürmt, während Sie noch den Schärfebereich suchen; andere wiederum haben Sie unter Umständen bereits gestochen.

Beginnen Sie an sehr toten Objekten: Müsli, Obst & Gemüse, evtl das erste Insekt, welches ausgetrocknet auf der Fensterbank gefunden wurde und nun noch mal Modell stehen muss. Ein Stück Geld, ein Haar, Blüten und Druckerzeugnisse bringen Ihnen das Gerät näher.

Abb. 8 – Blüte in Nahaufnahme

Aber auch hier gilt: Ohne Stativ ist ein brauchbares Ergebnis schwierig – und Outdoor eher Glückssache. Strahlende Sonne und völlige Windstille sind jedenfalls das Setting, indem am ehesten ein Schuss ohne Stativ gelingen wird – das Innere eine Blüte ist dafür ein prima Ziel, wie Abbildung 8 zu guter Letzt zeigt.

In diesem Sinne: Waidmannsheil!

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